Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn, Rheinberg

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Interview

Dr. Martin Kreymann

Vorsitzender
Förderverein Campus Camp-Lintfort e.V.

Meine Motivation für die Übernahme des Vorsitzes resultiert aus der tiefen Überzeugung, dass die enge Verzahnung von Wissenschaft und regionaler Wirtschaft entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unserer Region ist. Der Förderverein bietet eine einzigartige Plattform, um frühzeitig den Kontakt zwischen Studierenden und potenziellen Arbeitgebern herzustellen.
Niederrhein Manager: Herr Dr. Kreymann, das zdi-Zentrum Kamp-Lintfort wurde 2010 gegründet. Wie hat sich das Zentrum seit seiner Gründung entwickelt und welche wichtigen Meilensteine haben Sie erreicht?

Dr. Martin Kreymann: Die wichtigsten Meilensteine waren die Eröffnung der zdi-Schülerlabore FabLab Kamp-Lintfort und Green FabLab. Die Workshops zur Berufs- und Studienorientierung, die wir hier durchführen, sind für unsere Gäste ein Schaufenster für die Modernität, Interdisziplinarität und Internationalität der Hochschule Rhein-Waal.

NRM: Mit über 5.700 Partnern ist das zdi.NRW-Netzwerk das größte seiner Art in Europa. Was sind die zentralen Ziele des zdi-Zentrums Kamp-Lintfort und wie tragen Sie zur langfristigen Sicherung des MINT-Nachwuchses bei?
Dr. Martin Kreymann: Die Hochschule will eine Wissenschaft betreiben, die für eine breite Öffentlichkeit erlebbar und identifizierbar ist. Unsere Zusammenarbeit mit den Bildungseinrichtungen soll den Technologie- und Bildungsstandort Region NiederRhein dauerhaft stärken. Kinder und Jugendlichen mit MINT in Kontakt zu bringen, ihnen moderne Laborräume zum Experimentieren zu bieten und zu zeigen, dass MINT einfach überall drin steckt – das sind die Ziele von zdi. Wir bieten im Kreis Wesel deshalb Maßnahmen entlang der gesamten Bildungskette an – vom Kindergarten bis ins Studium und in den Beruf
NRM: Das zdi-Zentrum verfolgt das Ziel der Bildungsgerechtigkeit und Durchlässigkeit im Bildungssystem. Welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Talente möglichst vieler junger Menschen zu fördern?
Dr. Martin Kreymann: Gelingende Bildungsbiografien sind ein Schlüssel für gelingende Beschäftigungsbiografien. Ein Beispiel: Wir arbeiten sehr eng mit der Förderschule am Niederrhein zusammen. Dort haben wir im Moment zwei Projekte: Ein Projekt läuft bereits über sechs oder sieben Jahre – eine Schülergruppe der Förderschule besucht für drei Stunden unsere digitale Handwerkstatt. Die Schüler lernen im Grunde genommen das gleiche, was auch unsere Studierenden lernen: mit digitalen Tools bestimmte Produkte herzustellen. Ein anderes Projekt führen wir auf dem Gelände des Green FabLabs durch – dort legen wir einen Färbergarten an. Schülerinnen und Schüler stellen selber Naturfarben her, mit denen sie Weihnachtskarten, T-Shirts und Taschen färben können. Dabei laden wir auch Gartenbetriebe aus der Region ein, denen die Schüler zeigen, wie sie ihren Färbergarten anbauen und welche Kenntnisse sie über die einzelnen Pflanzen gewonnen haben.
NRM: Die Zusammenarbeit mit der „Stiftung Kinder forschen“ ist ein wichtiger Baustein Ihrer Arbeit. Wie funktioniert diese Kooperation und welche Erfolge konnten Sie bei der Förderung von Drei- bis Zehnjährigen verzeichnen?
Dr. Martin Kreymann: Die gemeinnützige Stiftung Kinder forschen ist Deutschlands größte Bildungsinitiative für pädagogische Fach- und Lehrkräfte in Kitas und Grundschulen. Das zdi der Hochschule ist seit 2012 regionales Netzwerk für den Kreis Wesel. Kern unserer Arbeit ist ein umfassendes MINT- Fortbildungsprogramm, das Erzieherinnen und Lehrkräfte dazu befähigt, Kinder beim Entdecken und Forschen zu begleiten. Unsere Trainerinnen und Trainer bringen in eintägigen Kursen den Erzieherinnen und Erziehern beziehungsweise den Lehrkräften bei, wie sie das Programm mit ihren Kindern im Alltag durchführen können. Unser Ziel: Kinder, die ihre Zukunft aktiv und nachhaltig mitgestalten! Im Kreis Wesel haben wir bisher fast die Hälfte der Kitas und Zweidrittel der Grundschulen erreicht. In Zahlen sind dies über 150 Einrichtungen.
NRM: Das FabLab Kamp-Lintfort steht für 3D-Druck und digitale Fabrikation. Wie unterstützen Sie Schulen im Kreis dabei, eigene 3D-Technologie zu implementieren?
Dr. Martin Kreymann: Mit dem FabLab hat die Hochschule Rhein-Waal ein Konzept des Massachusetts Institute of Technology (MIT) adaptiert. Der Begriff bezeichnet eine offene High-Tech-Werkstatt, in der mit digitalen Maschinen verschiedenste Produkte selbst hergestellt werden. Das FabLab Kamp-Lintfort ist mittlerweile zu einem Referenzmodell für viele Schulen geworden, die ihre eigenen School FabLabs (schoolfablab.de) einrichten. Als Netzwerk arbeiten wir mit fast 30 Schulen eng zusammen. Im Zentrum steht die kontinuierliche Unterstützung von Schulen bei der Umsetzung des FabLab-Konzeptes und damit verbunden die Schärfung des eigenen Schulprofils. Erfahrene Referentinnen und Bildungspartner vermitteln neues Know-How. In Workshops und Fortbildungen erproben die Teilnehmenden Unterrichtsmaterialien und –konzepte. Sie teilen Ideen und Best-Practice-Beispiele für guten Unterricht, in dem spielerisches Ausprobieren gewollt und Scheitern erlaubt ist.
Das zdi-Zentrum hat kürzlich eine Förderung von etwa 275.000 Euro für fünf Jahre erhalten. Welche neuen Zielgruppen möchten Sie mit diesen Mitteln erreichen und wie werden Sie den Offenen Ganztag an Grundschulen unterstützen?
Dr. Martin Kreymann: Potenzial und Bedarf für MINT-Bildung im Offenen Ganztag sind da, aber es fehlen Strukturen, damit regelmäßige Angebote zustande kommen. Solche Strukturen will das zdi Kamp-Lintfort in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Kamp-Lintfort anstoßen. Ähnlich wie beim Programm der Stiftung Kinder forschen werden zum Beispiel Fortbildungen ein Teil unseres Angebotes sein, teilweise mit Leihgeräten für den Einsatz an der eigenen Schule. Auch die Kinderuni Rhein-Waal soll in der letzte Stunde des Ganztags dafür genutzt werden, zur Hochschule zu kommen. Bei Workshop-Angebote wollen wir eng mit dem grünen Klassenzimmer im Zechenpark zusammenarbeiten.
NRM: Wie sehen Sie die Zukunft des zdi-Zentrums Kamp-Lintfort und welche neuen Herausforderungen und Chancen erwarten Sie in den kommenden Jahren?
Dr. Martin Kreymann: Das zdi Kamp-Lintfort wird weiter daran arbeiten, die Hochschule Rhein-Waal in der Region zu verankern und den Bildungsstandort Niederrhein dauerhaft zu stärken. Die demografische Entwicklung wird den Fachkräftemangel in den MINT-Berufen maßgeblich verschärfen. Gute Bildungsmöglichkeiten können dazu beitragen, dass mehr junge Menschen zu Ausbildungs-und Studienzwecken in der Region verbleiben und sich positiv auf die Wohnortwahl von jungen Familien bzw. Fachkräfte mit Kindern auswirken. Grundgedanke ist, dass bei rechtzeitiger Stärkung des Interesses an den MINT-Fächern der absehbare Mangel an Fachkräften ebenso vermieden wie das Risiko für Studienabbrüche verringert werden kann.
NRM: Herr Kreymann, herzlichen Dank für das Gespräch.