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Interview

Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen

Präsident Hochschule Rhein-Waal

Regionale Vernetzung ist ein zentrales Element unseres Selbstverständnisses. Wir sehen uns als Motor für Wissens- und Technologietransfer am Niederrhein. Gemeinsame Projekte schaffen Innovationen und stärken sowohl den Wirtschaftsstandort als auch die gesellschaftliche Entwicklung.

Niederrhein Manager: Herr Locker-Grütjen, wie würden Sie die generelle Ausrichtung der HSRW beschreiben?

Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen: Ganz klar: Wir verstehen uns als junge, innovative und vor allem internationale Hochschule. Unser hoher Anteil an internationalen Studierenden ist unser besonderes Merkmal. Diese Diversität schafft eine weltoffene Campus-Kultur und fördert eine Vielzahl an Perspektiven, die unser Leitbild und die tägliche Zusammenarbeit prägen. Wir sehen Internationalität als Stärke auf dem Weg, gesellschaftlichen Wandel aktiv mitzugestalten – sowohl in der Region als auch weltweit. Unsere Hochschule lebt von dem offenen Austausch zwischen Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen, Studienbereichen und Generationen. Diese Internationalität macht uns flexibel, neugierig und bereit für die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft.

NRM: Welche Schwerpunkte setzt die HSRW in Forschung und Lehre?

Locker-Grütjen: Unsere Schwerpunkte liegen bei nachhaltiger Landnutzung und Transformation der Region sowie im Bereich Digitalisierung und Assistenzsysteme. Themen wie Klimaschutz, Ressourcenschonung, künstliche Intelligenz und Smart Farming sind zentral in Lehre und Forschung verankert. Durch Kooperationen mit Unternehmen erhalten Studierende früh Praxiserfahrung. Ziel ist, sie optimal auf künftige Herausforderungen vorzubereiten und gleichzeitig Innovationen in die Region zu bringen. Unsere Seminare und Labore stehen für die Anwendung neuester Forschungsergebnisse. Gleichzeitig betreiben wir viele interdisziplinäre Projekte, bei denen etwa angehende Agraringenieure mit IT-Studierenden zusammen an Lösungen für regionale Betriebe arbeiten.

NRM: Welche Bedeutung hat die regionale Vernetzung für die HSRW und wie profitieren Hochschule und Region davon?

Locker-Grütjen: Regionale Vernetzung ist ein zentrales Element unseres Selbstverständnisses. Wir sehen uns als Motor für Wissens- und Technologietransfer am Niederrhein. Unsere Studierenden bereichern die Region fachlich und kulturell, Unternehmen profitieren frühzeitig von Kontakten zu Talenten. Umgekehrt fließen Impulse aus der Praxis direkt in unsere Forschung und Lehre. Gemeinsame Projekte schaffen Innovationen und stärken sowohl den Wirtschaftsstandort als auch die gesellschaftliche Entwicklung. Die HSRW engagiert sich mit praxisnahen Initiativen – ob in Kooperation mit Kammern, Verbänden oder Kommunen. Immer öfter erleben wir, dass Unternehmen aus der Region gezielt auf uns zukommen, um gemeinsam Ideen für einen nachhaltigen Strukturwandel zu entwickeln.

NRM: Wie unterstützt die HSRW Studierende bei der Praxisorientierung und beim Arbeiten mit regionalen Partnern?

Locker-Grütjen: Praxisnähe ist bei uns kein Schlagwort, sondern gelebte Realität. Zahlreiche Initiativen und regelmäßige Kontaktmessen wie „Connect Me“ oder „Studierende treffen Wirtschaft“ ermöglichen direkten Austausch. Viele Studierende finden so Praktika oder Werkstudentenstellen. Praxisprojekte sind in unseren Studiengängen fest integriert. So bereiten wir Studierende gezielt und schrittweise auf ihren Berufseinstieg vor. Hinzu kommt, dass wir internationale Gastdozenten sowie Expert:innen aus Unternehmen engagieren, die aktuelle Trends vermitteln. Viele Bachelor- und Masterarbeiten entstehen in enger Abstimmung mit Unternehmen und haben direkten Mehrwert für beide Seiten.

NRM: Wie werden Unternehmen und Institutionen in die Projekte der HSRW eingebunden?

Locker-Grütjen: Wir pflegen vielfältige Kooperationsmodelle. Das Praxissemester ist für alle Studierenden verpflichtend und wird meist in Unternehmen absolviert. Darüber hinaus betreuen unsere Mitarbeitenden zahlreiche gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit Partnerunternehmen. Gemeinsam mit der Wirtschaft entwickeln wir praxisrelevante Lösungen und fördern so einen aktiven und nachhaltigen Wissenstransfer in beide Richtungen. Die Einbindung reicht von der Projektidee über gemeinsame Förderanträge bis hin zu regelmäßigen Innovationsworkshops, bei denen Herausforderungen aus dem realen Betrieb aufgegriffen und gemeinsam mit Studierenden lösungsorientiert bearbeitet werden.

NRM: Gibt es besondere Initiativen oder Partnerschaften, die die Vernetzung der HSRW mit der Region stärken?

Locker-Grütjen: Ja, wir legen großen Wert auf unsere Bildungsbüros und Anlaufstellen in der Region. Sie sind wichtige Plattformen für den aktiven Austausch zwischen Bürgern, Wirtschaft und Hochschule. Insbesondere im Rahmen von TransRegINT entstanden vielfältige Projekte zu Themen wie nachhaltige Landnutzung, Digitalisierung und gesellschaftlicher Teilhabe. Auch Schulprojekte, Science-Clubs und Bürgerdialoge sind feste Bestandteile eines Netzwerks, das regionale Herausforderungen aufgreift. Zudem nehmen unsere Studierenden regelmäßig an Netzwerktreffen, Wettbewerben oder Veranstaltungen der Region teil – oft als Ideengeber, manchmal auch als Initiatoren eigener Projekte.

NRM: Welche Bedeutung haben Nachhaltigkeit und Innovation in der Ausrichtung der HSRW?

Locker-Grütjen: Nachhaltigkeit und Innovation bestimmen unser gesamtes Handeln. Mit dem Projekt  TransRegINT verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz: Wir setzen auf Zukunftsfähigkeit und gesellschaftlichen Nutzen, indem wir gemeinsam mit unseren Partnern neue Wege entwickeln. Nachhaltige Techniknutzung, Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung prägen Lehre wie Forschung. Unser Ziel ist, Impulse zu setzen, die auch über die Region hinausstrahlen. Aktuell arbeiten wir z. B. an Konzepten für die Kreislaufwirtschaft und an einem Netzwerk für nachhaltige Mobilitätslösungen.

NRM: Ihr Hochschulprojekt „TransRegINT“ zielt darauf ab, gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft einen nachhaltigen Wandel am Niederrhein zu gestalten. Wie bringt die HSRW durch das Projekt ihre wissenschaftliche Expertise in die Region ein?

Locker-Grütjen: Mit TransRegINT setzen wir Erkenntnisse gezielt in innovative Strategien für die Region um. Unsere Bildungsbüros bieten eine zentrale Plattform für Bürger, Unternehmen und Wissenschaftler, um Lösungen dialogisch zu entwickeln. Die Förderung der Agroforstwirtschaft ist ein Schwerpunkt: Wir begleiten Modellprojekte mit regionalen Landwirten, erproben innovative Landnutzung, beraten und evaluieren gemeinsam. Weitere Themen sind Digitalisierung in Unternehmen, nachhaltige Mobilität und soziale Teilhabe – alles mit enger wissenschaftlicher Begleitung und dem Ziel, praxiserprobte Lösungen zu vervielfältigen. Dabei sehen wir uns nicht als „Übermittler“ von Wissen, sondern als aktiven Gestalter in einem Netzwerk, in dem alle Beteiligten voneinander lernen.

NRM: Inwiefern setzt sich die HSRW im Rahmen des Projekts TransRegINT in der Region für die Förderung der Agroforstwirtschaft als nachhaltigem Landnutzungssystem ein?

Locker-Grütjen: Agroforstwirtschaft steht exemplarisch für nachhaltigen Wandel: Wir kombinieren klassische Landwirtschaft mit Gehölzen wie Bäumen und Sträuchern, schaffen so neue ökologische Nischen und fördern Bodenfruchtbarkeit. Wir begleiten Landwirte in allen Projektphasen, analysieren die ökologischen Effekte und unterstützen mit Know-how. Die hohe Bereitschaft zur Mitwirkung und das Interesse aus anderen Regionen zeigen, wie relevant dieses Thema für die Zukunft des ländlichen Raums ist. Unsere Arbeit stößt auf großes Interesse bei Landwirtschaftskammern, anderen Forschungseinrichtungen und immer mehr jungen Betrieben. So entsteht eine regionale Vorreiterrolle.

NRM: Wie gelingt es, Bürger*innen, Unternehmen und Institutionen aktiv in das Projekt einzubinden, und welche Impulse gibt das der Region?

Locker-Grütjen: Unsere Bildungsbüros und partizipativen Formate bieten Raum für Dialog und Beteiligung. Viele Themen, wie etwa Mobilität oder Digitalisierung, werden direkt aus der Region angestoßen. Die aktive Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Kommunen fördert innovative Lösungen und stärkt die Identifikation der Menschen mit ihrer Region. Dieser Bottom-up-Ansatz führt zu tragfähigen Ergebnissen, die sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Vorteile bringen. Die Dynamik, die daraus erwächst, ist beeindruckend: Zahlreiche Projekte werden nach einem ersten Versuch weiterentwickelt und zum Modell für andere Kommunen und Sektoren.

NRM: Welche Zielsetzung hat die Stiftungsprofessur Kamp-Lintfort, die Sie kürzlich in Kooperation mit der Heinz TROX Stiftung eingerichtet haben?

Locker-Grütjen: Die Stiftungsprofessur setzt gezielt Impulse in Digitalisierung und Gebäudetechnik
am Standort Kamp-Lintfort. Sie stärkt Lehre und Forschung im Bereich nachhaltige, smarte Gebäudesysteme und öffnet unseren Studierenden den Zugang zu innovativen Technologien direkt in der Praxis. Gleichzeitig können Unternehmen ihre konkreten Fragestellungen einbringen. Dadurch werden Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gebaut, was das Innovationspotenzial der gesamten Region steigert. Es entstehen Synergien, die weit über einzelne Projekte hinaus wirken, weil sie eine solide Basis für langjährige Kooperationen zwischen Hochschule und Unternehmen schaffen.

NRM: Was glauben Sie, wie sich die Zusammenarbeit mit der Heinz TROX Stiftung auf die weitere Entwicklung der HSRW auswirken wird?

Locker-Grütjen: Ich bin überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit der Heinz TROX Stiftung enorme Impulse setzt – für die Hochschule und die Region. Die Verbindung von Spitzenforschung und Praxis erzeugt Synergien weit über einzelne Projekte hinaus. Studierende profitieren von Beteiligung an anspruchsvollen Forschungs- und Praxisprojekten, Unternehmen erhalten Zugang zu aktuellen Entwicklungen. So wächst unser Netzwerk langfristig und stärkt die Rolle der HSRW als regionaler Impulsgeber. Wir sind damit noch besser aufgestellt, um neueste Technologien gezielt in die Region zu bringen und gemeinsam mit der Wirtschaft in Richtung Zukunft zu denken.

NRM: Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der HSRW in den nächsten Jahren?

Locker-Grütjen: Wir wollen gezielt weiter wachsen und unsere internationale Ausrichtung weiter stärken. Die Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und gesellschaftliche Verantwortung werden weiterhin Handlungsfelder bleiben, in denen wir mit neuen Projekten, Studiengängen und Partnerschaften Impulse für Region und darüber hinaus schaffen wollen. Unsere Studierenden profitieren dabei von einer modernen und praxisnahen Ausbildung, und unsere Partner in Wirtschaft und Gesellschaft können sich auf die Innovationskraft der HSRW verlassen. Wir freuen uns auf die Herausforderungen und gestalten Zukunft aktiv mit. Ich bin überzeugt, dass die HSRW als dynamischer und offener Bildungs- und Forschungsstandort nachhaltig zur Entwicklung des
Niederrheins beiträgt und als Vorbild in der deutschen Hochschullandschaft dienen kann.

NRM: Herr Locker-Grütjen, herzlichen Dank für das Gespräch.